Die Qualität der Führung dezentraler Teams ist durch organisatorische Maßnahmen allein nicht immer gewährleistet. Teamleitung als auch Teammitglieder haben mit spezifischen mentalen Umstellungen zu kämpfen. Denn der visuelle Abgleich mit non-verbalen Signalen ist ausgeschlossen. Die vornehmlich über den Hörkanal ablaufende Kommunikation erfordert daher eine besondere Sensitivität im Umgang mit der verbalen Sprache. Worauf kommt es also an, die gewünschte Wirkung zu erzielen?

Situation

Führen dezentraler Teams heißt Führen im Remote-Modus. Auf Direktkontakt und informelle Begegnungen muss noch immer weitreichend verzichtet werden.  Beratungsfirmen zeigen auf, was beim Führen im Remote-Modus zu tun ist und welche Maßnahmen zielführend sind. Zu kurz kommt dabei die latente Wirkung negativer mentaler Aspekte, die die Gedanken von Führungskräften beherrschen. Gemeint sind solche, die nicht durch gelebte organisatorische Maßnahmen allein zu meistern sind.

Aus Gesprächen mit Verantwortlichen ergaben sich vor allem folgende Fragen:

  • Wie erhalte ich die Teamleistung aufrecht?
  • Wie baue ich eine wirkungsvolle Kommunikation auf?
  • Wie vermeide ich Kontrollverlust, Konfliktpotenziale und Demotivation im Team?
  • Wie stabilisiere ich meine Position als Verantwortliche(r) und die Wirkung als Teamleader?

Nebenwirkungen

Unter den derzeitigen Rahmenbedingungen kann sich entwickeln:

  • Eine verbale Kommunikation, die ihre Wirkung verfehlt oder negative Effekte erzeugt,
  • Eine reduzierte Wahrnehmung dessen, was Mitarbeiter*innen wirklich bewegt und bedrückt,
  • Fliehkräfte zwischen den Teammitgliedern und Konflikte innerhalb des Teams,
  • Isolation und Demotivation einzelner Teammitglieder

Die Folge sind Leistungs- und Effizienzverlust sowie Ergebnisrückgang des Teams. In der Konsequenz bedeutet es die Schwächung der eigenen Position als Vorgesetzte(r). Wie aber können diese Tendenzen und Entwicklungen im mentalen Bereich vermieden werden?

Lösungsansätze

Beim Führen im Remote-Modus kommt es auf sensible Wahrnehmung und genaues Hinhören an. Die eingeschränkte Wahrnehmung bei Video-Chats begrenzt den Informationsaustausch im Wesentlichen auf den Hörkanal. Der visuelle Kanal liefert nur eingeschränkte Sicht und Übertragungsqualität. Er lässt keine detaillierte Beobachtung zu. 80% der Kommunikation erfolgt über das Unterbewusstsein und den Abgleich von non-verbalen Signalen mit dem Gehörten. Dieser Teil aber kommt im Remote-Modus zu kurz oder ist erst gar nicht vorhanden.

Jetzt müssen die verbale Sprache und die Sprachanalyse des Gehörten dieses Defizit so gut wie möglich ausgleichen. Eine gezielte Wortwahl sollte in diesem Fall die Grundbedürfnisse des Anderen berühren und befriedigen. In die umgekehrte Richtung lassen Sprachklang, Modulation und Analyse des gehörten Wortes Rückschlüsse darauf zu, was den Mitarbeiter bewegt und was in ihm tatsächlich vorgeht.

Bilder und Worte werden im Gehirn mit Erfahrungen verknüpft und abgespeichert. Diese Repräsentationen sind individuell und steuern aus dem Unterbewusstsein unser Denken, Entscheiden und Handeln. Es ist eine Steuerungsbox, die gezielt die multimodalen Grundbedürfnisse des Menschen befriedigen. Man kann diese 4 Grundbedürfnisse mit den Begriffen Stärke, Sicherheit, Abwechslung und Harmonie umschreiben. Werden sie nicht hinreichend berücksichtigt, tritt Demotivation und innerer Widerstand auf. Für Führungskräfte heißt das, in besonderer Weise durch individuell geeignete Wortwahl zu kommunizieren, um Mitarbeitern*innen das Gefühl zu geben, dass sie dabei sind, sich entfalten können und motiviert bleiben.

Spezifische Soft-Skills und Mentalfaktoren haben für Führungskräfte jetzt eine besondere Relevanz. Sie erlauben die hirngerechte Ansprache und damit den maximal möglichen Zugang zu den Mitarbeiter*innen. Es genügt nicht, nur Fakten und Sachverhalte zu liefern. Es müssen über die Sprache auch motivierende Emotionen und positive Bilder in den Köpfen der Mitarbeiter erzeugt werden, um so deren mentale Probleme zu lösen oder erst gar nicht entstehen zu lassen. Da nicht jeder Mensch über die gleichen individuellen Bedürfnisse und Motivatoren verfügt, ist es sinnvoll, eine klare Differenzierung zwischen den vier neuro-psychologischen Grundtypen zu Hilfe zu nehmen. Bildlich sitzen zwei in der linken Hirnhälfte und zwei in der rechten. Die linke Seite hat einen sachlich-faktischen, die rechte einen intuitiv-sensitiven Schwerpunkt.

  • Der eher distanzierte „Selbständige“ (links-hirnig) benötigt nur kurze und knappe Anweisungen, jedoch nicht im Sinne von „Befehl und Gehorsam“. Vielmehr kommt es darauf an, ohne Umschweife auf den Kern der Sache zu kommen. Sachlich und nüchtern sind die Fakten, Aufgaben und Ziele zu kommunizieren. Dazu bedarf es keiner ausschweifenden Erläuterungen. Solche MitarbeiterInnen brauchen das Gefühl, in Entscheidungen eingebunden zu sein oder selbst entscheiden zu können. Small-talk und Ausschmückungen erreichen das Gegenteil und lösen bei diesem Typus negative Reaktionen aus.
  • Der traditions- und regelbewusste „Logiker“ (links-hirnig) benötigt einen Rahmen aus Vorgaben und Zeitplan für die Erledigung seiner Aufgaben. Menschen dieses Typus sind es gewohnt, Dinge gewissenhaft nacheinander abzuarbeiten. Sie sind unter Stress schnell überfordert, selbst Prioritäten zu setzen. Führungskräfte sollten sachlich und in logischer Reihenfolge rüberbringen, was sie von der betreffenden Person erwarten und dabei auch vorgeben, was bis wann erledigt sein muss. Auf die zuverlässige und strukturierte Bearbeitung von Aufgaben kann man sich in der Regel verlassen. Dagegen lösen ständiger Wechsel von Aufgaben und unklare Situationen Stress aus.
  • Der „Kreative“ (rechts-hirnig) benötigt einen gewissen persönlichen Freiraum. Zeitpläne und strikte Vorgaben setzen ihn unter Druck. Er spricht auf eine Sprache an, die nicht Fakten aufzählt, sondern auf bildhaften Vorstellungen aufbaut. Statt „wir brauchen 1., 2. und 3.“ ist es besser zu sagen „Mit diesen Mitteln werden wir besser in Erscheinung treten“. Dieser Typus braucht Vorstellungen anstelle von Tabellen und Zahlen. Für ihn sind Abwechslung und Neuerungen wichtig. Deshalb sollten zu enge Vorgaben vermieden und stattdessen ein kreativer Freiraum gewährt werden.
  • Die „Gute Seele“ (rechst-hirnig) ist Gemeinschaftsmensch, sucht Harmonie und möchte verstanden werden. Ihn bittet man am besten um Hilfe, statt ihm Anweisungen zu geben. Er ist zugewandt und sucht die Einbindung. Ein Small-Talk über das persönliche Befinden wirkt förderlich und sollte dem eigentlichen Anlass des Anrufes vorausgehen. Auch hier gewinnt man mit sachlich-faktischer Argumentation wenig. Die Konversation sollte den zwischenmenschlichen Aspekt hervorheben und das Wir-Gefühl ansprechen.

Der hirngerechten Kommunikation geht die Einschätzung voraus, zu welchem Typus der Mensch am anderen Ende der Leitung gehört. Auch sollte man sich klar machen, zu welchem Typus man selbst gehört und wo der eigene Schwerpunkt liegt. Denn dort, wo der Einzelne zuhause ist, diese Sprache spricht er auch. Das bedeutet gegebenenfalls eine bewusste und situative Umstellung, die genau gegensätzlich zum eigenen Kommunikationsstil steht. Entscheidend ist, welche Wirkung ich als Führungskraft auslöse möchte und nicht, ob ich unreflektiert meine eigenen Gewohnheiten auslebe in der Erwartung, der andere wird schon tun, was ich sage. Das tut er vielleicht auch, aber mit Widerwillen und Demotivation und auf Kosten der gesamten Teamleistung.

Werden die jeweiligen Grundbedürfnisse jedoch gezielt angesprochen und respektiert, empfinden die Mitarbeiter das als motivierend. Sie fühlen sich an der richtigen Stelle abgeholt und verstanden. Eine Führungskraft, die hirngerecht rüberkommt, wird als präsent und wirksam empfunden. Sie vermeidet die Entstehung von Reibungsverlusten, die sich aus unsachgemäßer Kommunikation und Führung zwangsläufig entwickeln. Die Einhaltung neuro-kommunikativer Regeln in der Leadership sind daher wichtiger Stabilitätsfaktor für die Position des Führenden.

Entsprechende Coachings – berufsbegleitend oder als Workshops (online) – verbessern die kommunikativen Kompetenzen. Sie setzen in den Bereichen Selbstmanagement, Sprachanalyse und Sprachwirkung an. Es ist der entscheidende Weg, Team- und Arbeitsleistung eines jeden Teammitgliedes aufrechtzuerhalten und die eigene Position zu festigen.